Die 12 Artikel

Mit den 12 Artikeln, die am 15. März 1525 veröffentlicht wurden, haben die Bauern Forderungen erhoben, die die Freiheits- und Demokratiebewegung über Jahrhunderte beeinflusst und bis heute nichts an Aktualität verloren haben. Selbst in den UNO Menschenrechten findet sich ein Großteil der damaligen Forderungen wieder. Hier einige Beispiele (gekürzt und teilweise sinngemäß wiedergegeben nach dem Theaterstück „Thomas Müntzer – der Mann mit der Regenbogenfahne“):

Die 12 Artikel der Bauern von 1525

Artikel 1:
Wir wollen unsere Religion frei wählen und unseren Pfarrer selbst bestimmen.

Artikel 2:
Die Steuern und Abgaben drücken uns schwer. Wir sind gerne bereit, den Zehnten als Kornzehnt zu geben. Damit sollen die Pfarrer entlohnt werden. Was darüber hinaus übrig ist, soll an arme Bedürftige im Dorf und an arme Dörfer in der Nachbarschaft gehen. Aber den kleinen Zehnten wollen wir gar nicht mehr geben. Jahr für Jahr werden uns die besten Tiere weggenommen. Wie soll man da seine Kinder satt kriegen?

Artikel 3:
Wir wollen nicht mehr leibeigen sein, sondern aus der Leibeigenschaft entlassen werden. Wir wollen frei sein. Alle Menschen sollen frei sein. Auch das Jus primae noctis, das Recht der ersten Nacht, soll hinfort nicht mehr gelten.

Artikel 4:
Die Tiere des Waldes fressen unsere Früchte auf dem Acker und die Jagden zerstören unsere Felder. Fisch, Vogel, Wild und Gottes Natur soll allen gehören, damit sorgsam damit umgegangen wird und nicht die unvernünftigen Tiere der Herren verfressen, was Gott zu Nutz aller Menschen hat wachsen lassen.

Artikel 6:
Hart beschweren wollen wir uns der Frondienste halber, welche von Tag zu Tag mehr werden und uns erdrücken. Wir begehren, dass man darin ein Einsehen hat und die Dienste begrenzt.

Artikel 8:
Wir begehren, dass Güter, die die Pacht nicht ertragen, von ehrbaren Leuten besichtigt werden, um die Pacht anzupassen, damit der Bauer seine Arbeit nicht umsonst tue, denn ein jeglicher Tagwerker ist seines Lohnes würdig.

Artikel 9:
Wir wollen nicht länger willkürlich oder aus Neid oder aus parteilicher Begünstigung anderer bestraft werden. Unsere Meinung ist, uns nach alter geschriebener Straf zu strafen, nach der Sache und nicht parteiisch.

Artikel 10:
Etliche haben sich willkürlich Wiesen und Äcker zugeeignet, die doch einer Gemeinde gehören. Selbige wollen wir wieder zu unserer Gemeinde Hand nehmen.

Artikel 11:
Wir wollen den Brauch, dass beim Tod des Bauern den Witwen und Waisen das Verbleibende genommen und geraubt wird, ganz und gar abgetan haben. Kein Mensch soll hinfür beim Todfall schuldig sein, etwas zu geben, weder wenig noch viel. Auch kein Kleid.

Artikel 12:
Wenn ein oder mehrere der hier gestellten Artikel dem Worte Gottes nicht gemäß wären, so sollen sie ab und tot sein und nichts mehr gelten. Desgleichen, wenn sich in der Schrift weitere Artikel fänden, die dazu beitragen, dass wir in Liebe, Friede, Geduld und Einigkeit leben, wollen wir diese auch aufnehmen.

UNO Menschenrechte von 1948

Artikel 18:
Jeder Mensch hat das Recht auf… Religionsfreiheit.
Artikel 21:
Der Wille des Volkes muss durch … allgemeine und gleiche Wahlen … zum Ausdruck kommen.

Artikel 17:
Niemand darf willkürlich des Eigentums beraubt werden.
Artikel 25:
Jeder Mensch hat das Recht auf einen Lebensstandard, der Gesundheit und Wohl für sich selber und seine Familie gewährleistet.

Artikel 4:
Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
Artikel 16:
Eine Ehe darf nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen Ehegatten geschlossen werden.

UNO Resolution 76/300 aus dem Jahre 2022:
Die Generalversammlung erkennt das Recht auf eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt als ein Menschenrecht an.


Artikel 24:
Jeder Mensch hat das Recht auf Erholung und Freizeit und insbesondere auf eine vernünftige Begrenzung der Arbeitszeit.

Artikel 23:
Jeder Mensch, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.



Artikel 7:
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Unterschied Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz.


Artikel 17:
Jeder Mensch hat das Recht, auch in Gemeinschaft mit anderen Eigentum innezuhaben. Niemand darf willkürlich des Eigentums beraubt werden.

Artikel 25:
Jeder Mensch hat das Recht auf Sicherheit im Falle von Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie bei Verlust der eigenen Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände.

Präambel:
…verkündet die Generalversammlung diese … Menschenrechte als das … zu erreichende Ideal, damit jeder einzelne Mensch und alle Organe der Gesellschaft sich … bemühen, … die Achtung vor diesen Rechten zu fördern und durch fortschreitende Maßnahmen … zu gewährleisten.

Bundesordnung der christlichen Vereinigung

Vertreter der Allgäuer, Baltringer und Bodenseer Bauernhaufen versammelten sich im März 1525 in Memmingen und verabschiedeten die 12 Artikel sowie eine Bundesordnung der chsitlichen Vereinigung. Historiker sehen darin einen frühen Verfassungsentwurf für die Gesellschaft, der weit über die damalige Zeit hinaus von Bedeutung ist. Heribert Prantl, langjähriger Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, sieht in den 50 Vertretern der Bauern sogar das erste deutsche Volksparlament und in den 12 Artikeln den „Entwurf zu einer Verfassung von einer menschenrechtlichen Kraft, wie dann bis 1848 keine mehr verfasst wurde“. Es führe eine grundrechtliche Linie von der Kramerstube in Memmingen 1525 hin zur Frankfurter Paulskirche 1848, weiter zur Weimarer Verfassung 1919 und zum Grundgesetz 1949.

Titelbild des Drucks der Bundesordnung mit den 12 Artikeln

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